Verein für Heimatpflege EPFENBACH e.V.
Anno 1975

Sagen und Märchen


Bei allen Völkern spielen Sagen und Märchen eine wichtige Rolle, insbesondere auf dem Land wurden sie unter den Generationen gepflegt und weitergegeben und so auch in Epfenbach:

(1) Die Sage vom Nixenteich

"Zu Epfenbach bei Sinsheim traten seit der Leute Gedenken jeden Abend drei wunderschöne, weißgekleidete Jungfrauen in die Spinnstube des Dorfs. Sie brachten immer neue Lieder und Weisen mit, wussten hübsche Märchen und Spiele, auch ihre Rocken und Spindeln hatten etwas Eigenes, und keine Spinnerin konnte so fein und behend den Faden drehen. Aber mit dem Schlag elf standen sie auf, packten ihre Rocken zusammen und ließen sich durch keine Bitte einen Augenblick länger halten. Man wusste nicht, woher sie kamen, noch, wohin sie gingen: man nannte sie nur die Jungfern aus dem See oder die Schwestern aus dem See. Die Burschen sahen sie gern und verliebten sich in sie, zu allermeist des Schulmeisters Sohn. Der konnte nicht satt werden, sie zu hören und mit ihnen zu sprechen, und nichts tat ihm leider, als dass sie jeden Abend schon so früh aufbrachen. Da verfiel er einmal auf den Gedanken und stellte die Dorfuhr eine Stunde zurück, und abends im steten Gespräch und Scherz merkte kein Mensch den Verzug der Stunde. Und als die Glocke elf schlug, es aber schon eigentlich zwölf war, standen die drei Jungfrauen auf, legten ihre Rocken zusammen und gingen fort. Den folgenden Morgen kamen etliche Leute am See vorbei; da hörten sie wimmern und sahen drei blutige Stellen oben auf der Fläche. Seit der Zeit kamen die Schwestern nimmermehr zur Stube. Des Schulmeisters Sohn zehrte ab und starb kurz danach." 
Quelle: Brüder Grimm. Deutsche Sagen. Winkler Weltliteratur Dünndruckausgabe. S. 307 und 308. Originaltitel: "Die drei Jungfern aus dem See".

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Das Gedicht "Der Nixenteich von Epfenbach", das im Heimatmuseum nachzulesen ist, handelt ebenfalls davon und stammt von Gottfried Kinkel (1815 bis 1882). Offensichtlich ist der Text ein Nachdruck von seinen Romantischen Versen mit dem Titel "Die Stunden verrauschen": 

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Aber auch heute noch wird die Sage aus Epfenbach immer mal wieder erwähnt: So z.B. im Programmheft zum Musical "Die Schöne und das Biest", das von der Mannheimer Theateragentur BB Promotion produziert wurde und in vielen hervorragend beurteilten Aufführungen unter anderem in Köln und Baden-Baden gezeigt wurde, ist dieses Thema ebenfalls eingeflossen. So kann man dem Programmheft folgendes entnehmen: 

Die Welt der Feen! 
Fragt man die Bäckersfrau in Epfenbach nach den Feen, 
so nickt sie freundlich und erklärt den Weg zu dem Teich, 
in dem sie sich einstmals aufhielten. Wasser sucht man
auf der Anhöhe nach Waibstadt allerdings vergeblich, 
kaum ist noch eine trockene Mulde zu erkennen,
über die sich nun ein Kleefeld hinzieht. Auch die
Spinnstuben, in denen sich Feen früher einfanden,
sind längst verschwunden.


(2) Der Renevater

Diese Aufnahme zeigt den "Renevater" im Umzug beim Epfenbacher Heimattag 1927 vor dem "Gasthaus zum Adler" am Kreuzweg. Der berühmteste Geist auf Epfenbacher Gemarkung ist der "Renevater " oder Feldmesser. Solche waren früher in jedem Ort ansässig und amtlich beauftragt, die Feld- und Gemarkungsgrenzen und Grenzsteine in Ordnung zu halten. Hatte aber ein solcher seine Amtsbefugnisse missbraucht, weil er Grenzsteine falsch gesetzt, Grenzen unrichtig bezeichnet und Schmiergelder genommen oder andere unerlaubte Vorteile erlangt hatte, dann musste er des nachts über die Felder ziehen. Und so verhält es sich auch mit einem Epfenbacher Renevater. Sein gewöhnlicher Weg ist: vom Waibstadterweg über den Neidensteinerweg, dann über den Bach und kurz unter dem Dorf über den Müllerweg den Berg hinauf zum Spechbacherweg. Doch ist er, wie es erst vor kurzer Zeit von einem angesehenen Epfenbacher berichtet wurde, von ihm selbst, auch außerhalb unserer Gemarkungsgrenze, gesehen worden. Das bezeugt er ausdrücklich! Außer von diesem Augenzeugen ist der "Renevater" jedenfalls seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen worden. Bereits im Heimatbuch der Gemeinde Epfenbach aus dem Jahr 1927 wird dieser Stoff behandelt. Der Heimatforscher Emil Zapf hat in seinem Heimatbuch "Epfenbach" aus dem Jahr 1969 dieses Thema wieder übernommen. In ihrem Buch "Die Welt der Feen - von der Wiederverzauberung der Wirklichkeit" (Verlag Weitbrecht, Wien) schildert die Autorin, Frau Dr. Ditte König, ihren Kontakt mit dieser Sage bei ihren Recherchen in Epfenbach.